„Wie
heisst diese Technik? Du weist es sicher noch.“, aber
auch Thomas zuckt mit den Schultern und schon muss er, wie
seine Mitschüler, auf Boden um zehn Liegestützen
abzu- leisten. Da ist Sensei Horst, gnaden- los. In den
vielen Jahren der Kinder- und Jugendarbeit in seiner Karate-
schule haben sich solche Motivati- onsstützen bewährt.
Die Gruppe, die sich jetzt geschlossen, auf die Hän-
de gestützt, abmühen muss, sind
Eva
+ Antonia
Horst
Donhauser
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Gäste
eines Schulprojekts. Die Cha- mer Stütz- und Förderklasse
versucht sich in der Kunst der Selbstverteidi- gung. „Mae-Geri,
der Fußkick nach vorne, wäre die richtige Antwort
ge- wesen.“ , konstatiert der Karatelehrer. Als alle
wieder stehen, wird der Fuß- kick noch mal geübt.
Manche mach- en das schon sehr geschickt, andere wiederum
scheitern an der motor- ischen Umsetzung. Dann kommt Sempai
Eva ins Spiel. Sie ist Er- zieherin und auch als Trainerin
in der Karateschule engagiert. Der Umgang mit den Jüngsten
ist ihr Metier. Eva Hörmann nimmt sich der Kleinen an
und versucht gezielt auf Schwächen einzugehen. „Diese
besondere Zu- wendung erfahren Kinder auch im normalen Unterricht.“
, erzählt Lehr- kraft Birgit Heigl-Venus, die mit ihrem
Kollegen Gerhard Dietrich für die acht Schüler das
nachmittägliche Karate- training organisiert hat. „Wir
bemühen uns mit der Stütz- und Förderklasse
um Kinder die dem Regelschulbetrieb nicht gewachsen sind.
Das mag viel- leicht am minderem Selbstbewusst- sein, an Konzentrationsschwächen
oder der fehlender Disziplin liegen. Eben all diese Eigenschaften,
die bei Kampfsportlern so ausgeprägt sind.“ , schildert
Heigl-Venus die Intention des Karateprojekts.
Das
Training ist strukturiert. Die Kin- der stehen ordentlich
aufgereiht und sollen sich in der großen Spiegel- wand
selbst beobachten. “Ichi... ni… san… shi…
go.” Damit sämtliche
Bewegungen
möglichst synchron ablaufen, wird laut gezählt.
In einem Karate Dojo (Trainingsraum) traditi- onell auf japanisch.
Bis zehn können das schon alle, wofür sicher auch
die vielen Liegestützen gesorgt haben dürften. Weil
Horst Donhauser die Klasse nach den sechs Trainings-einheiten
in seinem Dojo nicht mit lehren Händen entlassen möchte,
können sich die kleinen Kämpfer eine Urkunde und
einen Karategürtel ver- dienen.
Antonia
soll die Grundstellung nen- nen und zeigen. „Wie war
da noch mal der japanische Name?“ , überlegt
sie, bis ihr Eva mit einer Eselsbrücke auf die Sprünge
hilft. Beim zeigen hat das schüchterne Mädel dann
keine Startschwierigkeiten mehr. Sie darf vortreten und
sich beim Sensei Horst die Urkunde, bei Sempai Eva den Karategürtel
abholen. Manche meis- tern den Test mit Bravour, bei ander-
en wird geholfen bis die nötigen Pun- kte reicht sind.
Im Vordergrund steht nur das positive Erlebnis.
Thomas
ist an der Reihe, „Mae-Geri“ mit „Kiai“,
der Fußkick mit Karate- schrei. Zwar kann der Sensei
die technische Ausführung nur mit viel gutem Willen
erkennen, aber Thomas kann mit seinem Kampfgebrüll
beim Karatemeister punkten. Zum
Schluß gibt es noch eine Belehrung. „Die erlernten,
geheimen und sehr gefähr-lichen Kampfkünste dürfen
nicht au- ßerhalb des Trainingsraums und
schon gar nicht auf dem Schulhof ausprobiert werden.“
Sonst kommt der Sensei persönlich und holt sich die
Karategürtel wieder zurück. Bevor sich die Schulkasse
wieder auf den Heimweg macht, holt jedes Kind ein Blatt
Papier hervor, auf dem es seine Eindrücke in vielen,
bunten Farben und mit einigen Worten festgehalten hat. Da
zeigte sich auch ein sonst gnadenloser Karatemeister bewegt.
Ob die Förderschüler künftig Rech- enfehler
an der Tafel mit Liegestützen verbüßen müssen
bleibt offen. Die Lehrkräfte hoffen aber im Interesse
der Schüler, daß das vom Jugendamt finanzierte
Projekt eine Fortsetzung findet.