von Benjamin Franz-
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„Grüner Hügel“ am Regenbogen

Richard Wagner´s Rheingold schim- mert am Regenbogen. Hochkultur im Sonderpädagogischen Förderzent- rum. Anne Biermann inszeniert mit ihrer 7. Klasse den ersten Teil der Nibelungen Tetralogie.

Vormittag 10:00 Uhr. An der Pforte des Förderzentrums am Regenbogen sammeln sich erwartungsfroh Mitglie- der des Opernvereins Furth im Wald. Ein Schüler öffnet, bittet die Besuch-

 
Anne Biermann
S. Seidlmayer
     
er herein und führt sie hinauf zum „Festspielsaal“. Im Flur vor der Tür zur „Bühne 7“ warten bereits zahlrei- che junge Wagnerfans. Eine Liste mit dem gesamten Ensemble, von den Darstellern bis zur Licht und Bühnen- technik hängt aus. Daneben zeigt einer Collage Szenenfotos aus an- deren „Rheingold“ - Inszenierungen, was Vorfreude und Erwartung befeu- ert. Immer wieder öffnen sich kurz Türen im Flur. Schauspieler, schon im Kostüm, kichern oder treffen noch hektisch letzte Vorbereitungen. Dann endlich der Einlass. Die Premiere- gäste drängen auf die knapp bemes- senen Plätze. Weil hier ein Klassen- zimmer umfunktioniert wurde und sich Schauspieler, Bühne, Kulissen und die Zuschauerplätze in einem Raum arrangieren müssen, ist schon vorab eine dichte Atmosphäre zu er- warten.

Der beflissene Wagnerfreund erkennt bereits mehrere Bühnenbilder, die nicht durch Umbau oder Bühnentech- nik rasch vor den Augen des Publi- kums wechseln, sondern nacheinan- der bespielt werden. Einen Orchester- graben sucht man vergeblich. Das hier nur mit digitalisierter Musik ge- arbeitet wird ist ein Novum, ob Inten- antin Anne Biermann damit überzeu- gen kann oder einen handfesten Skandal auslöst bleibt abzuwarten.

Biermann tritt vor´s Publikum und führt mit einem kurzen Prolog in das Hauptwerk Richard Wagners ein. Dann wird es dunkel und still. Mys- tisch schwellen Bass-Streicher und

 

Fagott an. Im Bühnenlicht erschein- en, zur Musik tanzend, die grazilen Rheintöchter. Was für ein Anblick. Der Nibelungenzwerg Alberich (Stefan Adamek) verliebt sich prompt in die betörenden Wesen, wird aber zurück- gewiesen und klaut nun aus Zorn das Rheingold. Alberichs Bruder Mime (Markus Scherr) schmiedet aus der Beute einen Ring und eine Tarnkappe mit der Alberich fortan das Nibelun- genvolk beherrscht. Unterdessen ha- ben die beiden Riesen Fasold (Mich- ael Menacher) und Fafner (Florian Holzinger) Walhall, die Burg der Göt- ter fertig gestellt. Wotan (Bilal Maa- touk), der Auftraggeber, hat den bei- den als Entlohnung vorschnell die hübsche Göttin Freia (Michaela Ku- cerová) in Aussicht gestellt und muss sein Versprechen nun einhalten. Da Freia für den Fortbestand der Götter- welt unabdingbar ist, steckt Wotan in einem Dilemma. Als er erfährt, dass der Nibelungenzwerg Alberich einen ungeheueren Schatz hortet und er Freia damit im Tausch zurückgewin- nen könnte, macht sich Wotan auf nach Nibelheim um Alberich zu fin- den. Das wird nicht einfach, denn der Zwerg besitzt eine Tarnkappe und einen magischen Ring. Zweieinhalb Stunden, ohne Pause, sitzen betuch- te Zuschauer auf dem Grünen Hügel im Bayreuther Festspielhaus, wenn „Das Rheingold“ inszeniert wird.

Die Biermann-Adaptation dampft die umfassende Wagner Vorlage auf et- wa dreisig Minuten ein. Damit ver- sucht sie vermutlich in erster Linie dem jungen Publikum gerecht zu wer-

 
den, das mit schnell geschnittenen Musikvideos aufgewachsen ist. Die jungen Darsteller haben sichtlich Freude an dem Stück. Das mag da- ran liegen, dass Anne Biermann mit ihren Schülern das Wagnerthema Fächer übergreifend abgearbeitet hat. Von Textanalysen im Deutschunter- richt, Rheingold-Pastell-Arbeiten im Kunstunterricht, bis zur Götterburg, die man im Werkunterricht realisiert hat. Die Begeisterung hat sich auf die Premierezuschauer übertragen. Als sich nach dem Finale die Darsteller vor dem Publikum verneigen ist Ihnen anhaltender Applaus sicher. Jaroslava Seidlmayer vom Opernverein sitzt in der ersten Reihe, klatscht frenetisch und ist begeistert. „Toll wie die Kinder das gemacht haben.“ Sagt sie und verteilt Süßigkeiten an die Schau- spieler. Der Regisseurin, Intendantin und Souffleuse Biermann wird aner- kennend gratuliert. Ob sich Hochkul- tur in Cham etablieren lässt und viel- leicht sogar der gesamte „Ring“ zur Aufführung kommt ist noch nicht entschieden. Ein passender Siegfried würde sich bestimmt am Regenbogen finden.