von Benjamin Franz-
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Sagenhaft - Wagner´s Rheingold am Regenbogen

„Wo bleib der denn?“ , Anne Bier- mann´s Nerven sind zum Zerreißen gespannt. „Das kann doch nicht war sein.“ , meint man von ihrem Gesicht ablesen zu können. Etwa 100 Gäste haben sich in der Schulturnhalle nie- dergelassen und freuen sich auf ein- en ganz besonderen Abend. Richard Wagners sagenhaftes „Rheingold“, steht auf dem Spielplan. Seit Woch- en fiebern im Sonderpädagogischem Förderzentrum alle dieser Premiere entgegen. Ein aufregendes Bühnen-

 
Vorspiel in Es-Dur
 
   
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bild ist entstanden und lässt auf eine eindrückliche Inszenierung erwarten. Das 18köpfige Ensemble steckt seit geraumer Zeit in den Kostümen und will nun endlich loslegen.Ja sogar die Chamer Bürgermeisterin,ein Wagner-Neuling, sitzt in der ersten Reihe und harrt geduldig dem Schauspiel, das sich auf der noch leeren Bühne zutra- gen mag. Biermann schaut zum Ein- gang und wieder auf ihre Armbanduhr. „Dann muss es ohne ihn gehen, wir können nicht länger warten.“ , sagt sie und geht schnellen Schrittes in den „Festspielsaal“.Der verschlagene Feuergott Loge hat die „Intendantin“ sitzen lassen. Eine tragende Haupt- rolle, die der elfjährige Christian Pien- dl aus Falkenstein verkörpert. Warum
 
     
er nicht da ist weiß keiner. Die Haus- herrin Rektorin Marianne Reitmeier-Lovric tritt vors Publikum, ist erfreut über das große Interesse an der Ad- aption des Wagner-Stücks und ent- schuldigt sich für die Verspätung. Es muss improvisiert werden. Thomas (11) der das Stück kennt, aber noch nicht auf der Bühne gestanden hat, will denn abgängigen „Loge“ vertreten, Anne Biermann wird ihm soufflieren. Dieser Mut wird vom Publikum mit anerkennendem Applaus bedacht. Dann stellt Kunstpädagogin Ulrike Walter das begleitende Kunstprojekt vor, mit dem die nicht schauspielern- den Schüler betraut waren. Aus Kar- ton und Pappmachee entstanden Ge- stalten des Rheingold-Dramas, wie die übermannshohe Riesen oder die lieblichen Rheintöchter. Die 5. und 6. Klasse der Schule am Regenbogen beschäftigt sich mit der Oper schon seit Januar. Man hat sich dem Werk im Deutschunterricht angenähert und das „Libretto“ in eine kindgerechte Sprache übersetzt. Zwar fehlte das Budget um einen Inszenierung in Bayreuth zu besuchen, aber mit DVD und Videomitschnitten bekamen die Schüler sehr wohl einen Eindruck, was es bei Wagner zu sehen und vor allem zu hören gibt. Parallel haben auch Schüler der tschechischen Partnerschule an einer Rheingoldauf- führung gearbeitet. In der Vorwoche hatten dann die Chamer Gelegenheit mit den Schülern aus Domažlice, in einem gemeinsamen, mehrtägigen Workshop an der Inszenierung zu fei- len. „In Teilen könnten unsere Kinder das Stück sogar in Tschechisch vor- tragen“ , erzählt Anne Biermann über die gemeinsamen Proben im böh- mischen Výhledy. „Doch jetzt wollen wir endlich anfangen.“Das Licht wird
 
gedimmt, es wird still im „Festspiel- saal“. Da springt die Tür der Schul- sporthalle auf und der Christian Pien- dl stürmt am Publikum vorbei zu sei- nen Schauspielkollegen hinter die Bühne. Der mutige Ersatzmann fällt dem Loge-Hauptdarsteller gleich um den Hals.Auch bei Biermann und den anderen Lehrkräften macht sich Er- leichterung breit. Was für eine opern- reife Wendung.

Mit einem tiefen Brummton, Bass- Streichern und Fagott kann schließ- lich das eindrückliche Vorspiel be- ginnen. Die Musik ist natürlich man- gels Orchester nicht live. Einige Ge- sangspassagen untermalen das Büh- nenspiel der Kinder und werden auch digital dargeboten. Rheingold thema- tisiert eine natürliche, paradiesische Ordnung, die durch Gier nach Macht dramatisch gestört wird. Was sich Richard Wagner um verschmähte Liebe,Vertragsbruch und Brudermord hat einfallen lassen und im Original etwa zweieinhalb Stunden dauert, hat die Adaption nach Biermann auf drei- sig Min. eingeschmolzen. Zweifellos haben sich die Jungdarsteller mit den anspruchvollen Charakterrollen ausei- nandergesetzt. Da ist zum Beispiel der Nibelungenzwerg Alberich (Alex- ander Schreiner) dessen Zuneigung von den Rheintöchtern verschmäht wird und der dann im Zorn das Rhein- gold stiehlt. Oder Götterchef Wotan (Fabian Wess), der den Baumeistern seiner Burg Walhall, den Riesen Fa- solt und Fafner, als Entlohnung die Liebesgöttin Freia (Laura Kuhndorfer) verspricht, aber dann sein Wort nicht einhalten will. Der listige Feuergott Loge weiß Rat. Albrecht soll um das geraubte Gold gebracht werden, da- mit könnte Wotan den Verpflichtung-

 
en nachkommen. Liebe und Macht lassen sich aber nicht vereinen. Der Goldschatz bringt seinen Besitzern nur Unglück,bis letztlich Fafner (Max- imilian Täuber) aus Habgier seinen Bruder Fasolt (Fabian Feldbauer) er- schlägt.Die Götter ziehen in die neue Burg Walhall, ahnen aber schon, daß die Verwerfungen noch nicht aus der Welt geschafft sind. Denn noch im- mer klagen die Rheintöchter über das geraubte Gold.Damit endet die Rhein- gold Inszenierung am Regenbogen. Alle Darsteller stehen auf der Bühne und lassen Gold ins Publikum reg- nen, das nach dieser fulminanten Vorstellung aber nicht erst zum Ap- plaus bestochen werden muss.Sonst listig und verschlagen war „Loge“ an der Nervenprobe zu Beginn völlig un- schuldig. Sein Fahrservice hatte sich verspätet und so saß auch der junge Feuergott auf glühenden Kohlen. „In der Fortsetzung müssten wir uns die Walküre vornehmen.“ , sagt Anne Biermann nach der aufregenden Pre- miere. Die Wagner Liebhaberin kennt den Ring und hat viele Inszenierungen in verschiedenen Opernhäusern mit- erlebt. „Das Interesse an Wagner ist bei meinen Schülern entfacht, ein gemeinsamer Opernbesuch wäre na- türlichjetzt die Krönung.“, sagt die Lehrerin. So nebenbei erwähnt Bier- mann noch, dass die Urenkelin des Ausnahmekomponisten und heutige Festspielleiterin, Katharina Wagner von der Chamer Inszenierung weiß und den Schülern gutes Gelingen wünschte. Vielleicht führt eine Klas- senfahrt das Ensemble vom Regen- bogen demnächst tatsächlich nach Bayreuth. "Das währe sagenhaft."
   
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