von Benjamin Franz-
TITEL ÜBERSICHT FOTOS IMPRESSUM
         
Böse Blicken gehört zum guten Ton

Sprechgesang im Chamer Jugend- zentrum. Drei Gruppen, vier Mikros auf der Bühne und „massive Bässe“ brachten das Inventar zum Wackeln.

Seko Mehmet und Muharrem Durguti stammen aus dem Kosovo, zusam- men waren sie vor sechzehn Jahren im Stammsrieder Asylheim, haben sich dann aber aus den Augen verlor-

 

MDKos+Seko

Payback
TwoClock
         
en und vor etwa zwei Jahren wieder Kontakt geschlossen. „Seko hat mir erzählt, dass er jetzt singt und rapt.“, erklärt Muharrem, der sich auch seit einigen Jahren mit Sprechgesang be- schäftigt. Die beiden schließen sich zusammen, nennen sich MDKos. Als sie im JUZ auf die Bühne treten, steh- en viele Freunde im Publikum. „Das macht´s leichter.“, gesteht der Rodin- ger Muharrem. Etwa 50 Hip-Hop-Fans haben sich hier versammelt, die dann gleich Anfang an mit harten Reimen und massive Bässen bedrängt wer- den. „Ich geb dir in die Fresse und du wirst zu Boden gehen.“ , wird da mit einer Entschlossenheit vorgetragen, dass kaum jemand Zweifel hegen dürfte. Trotz der harten Texte nickt das Gro der JUZ Gemeinde im Takt der Beats mit. „Wir verarbeiten in den Raps unsere Erfahrungen und am Mi- kro wird aufgestaute Energie entlad- en. Auf reale Prügeleien hat hier kei- ner Bock.“ , versichern die Beiden.

Als „MDKos“ nach 50 Minuten von der Bühne steigen, klatscht man sich wie in der Hip-Hop Szene üblich die Hände ab und anerkennend wird den Lokalmatadoren auf die Schultern geklopft. Erst im Publikum mitfeiern, dann an den Mikrophonen. Die in Oh- maha, Nebraska geborenen Brüder Milton und Shane Milligan steigen auf die Bühne. Seit Jahren leben die zwei in Kehlheim und bilden mit dem Cha- mer Raphael Siegert das Hip-Hop-Gespann „Payback“. Wenn „Unikum“ wie sich Shane Milligan nennt, in der Mitte des Trios zum Mikro greift, ist die Bezeichnung MC- Master of Cere-

 
monies, durchaus treffend. Ob mit ge- reimten Wortketten zu mitreisendem Beats, oder moderierend zwischen den Tracks, er scheint mit dem Mikro in der Hand aufgewachsen zu sein. Alle drei tragen Baseball-Caps, auch Kapuzen-Jacken gehören zum Raper-Image. Der 18jährige „Rapha“ alias Raphael Siegert macht seit fünf Jahr- en Rap-Musik, von „Unikum“ und „Lip- trick, wie sich Milton Milligan nennt, will er noch lernen. Deutschen Texte mit markigen Sprüchen sind auch das Geschäft von „Payback“. Die Beats dazu werden im Heimstudio kreiert, auf Compakt Disk gepackt und im schlichten CD-Player abge- spielt. Die Verstärker- und Laut- sprecher-Anlage im Jugendzentrum verschmilzt die Kombination, häm- mernden Sprechgesang und den mit- gebrachten Beats zum Gesamtkunst- werk. Immer wieder musste der Disk- Jockey im JUZ Tracks wie „Dirty South“, oder „Egotrip“ neu starten,

weil die wummernden Bässe auch den Silberling im CD-Spieler zum Wackeln brachte. Dabei zeigten „Lip- trick“, „Unikum“ und „Rapha“ , dass es auch ohne digitale Begleitung geht. Töne und Rhythmus mit Mund und Mikro zu imitieren, ist als „Beat- boxing“ bekannt, Payback servierte dem begeisterten Publikum eine be- eindruckende Kostprobe. Hauptakt des Abends sollte „TwoClock“ aus Amberg werden, der zur Unterstütz- ung „Exzess One“ und „Da-Bou“ mit nach Cham gebracht hat. Leider ha- ben nur mehr Wenige den Auftritte der Truppe, die sich auch überregio-

 
nal einen Namen machen konnte, abwarten wollen. Die verbliebenen Hip-Hop-Fans standen aber fast alle vor der Bühne, um Stimmung zu ma- chen. „Es gibt Jugendzentren mit 200 Besuchern, wo sich dann auch nur eine Hand voll Fans nach vorne wa- gen und mitfeiern.“, stellt Tobias Gra- ßl alias „TwoClock“ fest und wollte damit der kleinen engagierten Schar Tribut zollen. Neben englischen und deutschen Texten ließ „Da-Bou“ auch eine „Freestyle“ Schmankerl in Ober- pfälzer Mundart hören.

Dabei böse blicken, sich in den Rei- men selbst zu überhöhen und die Konkurrenten damit zu „dissen“ ,also in Diskredit zu bringen, gehört zum guten Ton. Wer´s dann wirklich wis- sen will, lässt sich auf ein "Battle" ein. Wie ein guter Gstanzel-Dichter erntet der den meisten Applaus, der möglichst spontan die passenden Worte auf die Verse des Anderen findet.