von Benjamin Franz-
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Wie Chamer mit nur einem Rad auf dem Siegerpodest landen

Bianca klemmt den Sattel zwischen ihre Oberschenkel. Fest zieht sie die schwarze Kunstledersichel mit der linken Hand in den Schritt. Die rechte Tretkurbel zeigt schräg nach unten, in Biancas Richtung. Dann setzt die 12 jährige ihren rechten Fuß aufs Pedal und tritt die Kurbel nach unten. Das Einrad rollt sogleich unter die Schü- lerin, die zeitgleich den linken Fuß vom sicheren Boden weg, aufs linke

 

Jennifer Rackl

Barbara Niedner
Christine Gabriel
         
Pedal bringt. Beurteilt man hier nach den Prinzipien der Schwerkraft müs- ste sie jetzt sofort wieder umfallen. Die Standfläche auf dem 20 Zoll Ein- rad ist minimal, der Schwerpunkt weit darüber. Aber Bianca Peintinger fällt nicht. Nach den ersten, etwas wacke- ligen Sekunden wird die stetige Aus- gleichsbewegung mit den Pedalen, vor, zurück und wieder vor etwas ru- higer. Auch ihre rechte Hand, die an- fangs wild zur Balance, einem Rodeo- reiter gleich, hin und her schwingt, fasst nun neben die Linke an das ausladende Sattelende. Mit beiden Händen zerrt sie nun am Einradsitz, als könne Bianca sich wie einst der Baron Münchhausen am eigenen Schopfe hochheben und beginnt auf der Stelle mit dem Einrad zu hoppeln. Die Sätze werden größer, bei jeder Landung wird der luftgefüllte Reifen platt gedrückt, ehe er sich noch mehr vom Boden abhebt. Dann der finale Ruck. Weil Bianca eine Hochsprung- latte überwinden möchte, verlagert sie ihr Gewicht in Richtung Hindernis, bringt ihr Einrad über die gestreifte Messvorrichtung und kann es sicher auf der andere Seite wieder landen. 19 cm notiert die Juri an der Hoch- sprungstation auf dem Wettkampf- konto der ASV-Starterin.

An den 1. Oberpfalzmeisterschaften im Einrad fahren beteiligen sich 90 junge Sportler. Das der Einradabteil- ung des ASV die Ausrichtung der Bezirksmeisterschaften angeboten wurde, liegt wohl am unglaublichen Zulauf den die „Chamer“ nach der Gründung vor einem Jahr verzeichnen können. „140 Kinder haben sich be- reits angeschlossen.“ berichtet die Leiterin der Abteilung Verena Roider “Und nachdem unser erster Einradtag im Juni schon ein Riesenerfolg war, bot uns Petra Plininger vom Einrad Landesverband aus München, damals mit im ASV Stadion, die Ausrichtung der 1. Oberpfalzmeisterschaft an.“ erklärt die Schülerin weiter. Wie die „Chefin“ der Chamer Einrad-Fans, sind auch viele Funktionäre und Wett- kampfhelfer noch sehr jung. Neben engagierten Eltern, die sich zum Mit- helfen verpflichten lassen, sieht man in allen Bereichen dieser Großveran-

 
staltung eben auch ganz viele Schül- er, die hier hochmotiviert zur Hand gehen. Barbara Niedner vom Landes- verband ist mit der Wettkampfleitung betraut, die Beauftragte für „Skills und Freestyle“ hat auch professionelle Zeitmesser mit in die Kreisstadt ge- bracht. Lichtschrankentechnik aus der Leichtathletik, Ampellichter die den Start frei geben und Computer die mit allen Ergebnissen gespeist werden, zeugen vom hohen Anspruch den der Einrad-Verband hier an den Tag legt. Für die meisten Starter ist das aber Neuland. Deshalb auch mit im Tross des Landesverbands, Ein- rad-Weltmeister Rocco Schulz aus Stuttgart. Er zeigt hier vorab an den Wettbewerbsstationen wie ein Start im besten Fall zu meistern ist. Sechs Mannshohe Kunststoffstangen, steh- en mit schweren Sockeln auf den weißen Bahnmarkierungen der roten Tartanbahn. Die Anordnung erinnert an einen Slalom, doch hier dienen die Stangen nur als Starthilfe. Wenn das Rennen über 100 Meter beginnt, steh- en so die Radsportler, bereits auf den Pedalen. Reicht bei den ganz Kleinen die Armlänge nicht um sich zwischen beiden Stangen zu halten, dürfen El- tern helfen. Wie Skirennläufer wirken die Einradfahrer am Start.

Die Ampel wechselt von Rot zu Grün, wenn die Bahn freigegeben, die Licht- schranken aktiviert ist. Dann wird es still im Stadion. Konzentriert erwarten die Einradathleten das Startsignal. Das kommt aus dem Lautsprecher, digitale Pieptöne, nach dem Vierten geht es los. Aus ist es dann mit der gespannten Stille. Eltern und Freunde versuchen lautstark die Pedalartisten ins Ziel zu treiben. Kaum ein Lauf wo alle Starter auch im Ziel ankommen. Wer stürzt ist aus dem Rennen. Ver- letzen tut sich aber keiner, wohl auch weil hier alle Helme, Knie- und Hand- schützer tragen. Der 11jährige Benno Lang aus Gleißenberg schafft die 100 Meter in 23 Sekunden. Seine Alters- klasse dominiert er damit klar und auch über 400 Meter in 1 Minute 34 Sekunden kann ihm keiner das Was- ser reichen. Die langsamsten Einrad- fahrer werden aber auch ausgezeich- net. ASV Präsidentin Christine Gabri-

 
el steht mit einer Stoppuhr an einem 15 cm schmalen und 10 Meter langen Brett auf dem die Kinder entlang zu fahren haben. Das ist schon schwer genug, denn verlässt der Reifen das Brett, ist der Versuch ungültig. Wer die Distanz besonders langsam über- windet und somit Kontrolle über sein Einrad beweist, macht hier die meis- bten Punkte. Die Geschicklichkeit der Kinder ist verblüffend. Auch die Masse an Einradartisten die man hier zu sehen bekommt beeindruckt. So manch einer der in der Fußgänger- zone von Zuschauern umringt auf das wackelige Sportgerät steigt, könnte bei dem was die Kinder hier im ASV Stadion zeigen, getrost wieder abstei- gen. Bianca Peintinger gewinnt den Hoch-, und Weitsprung-Wettbewerb in Ihrer Altersklasse, dabei hat sie erst vor 2 Jahren mit dem Einrad fah- ren begonnen. Die ASV Präsidentin ist beeindruck von den Leistungen der Chamer Starter und der rasanten Ent- wicklung in dieser ASV Sparte. „Das liegt sicher auch am Engagement der vielen Eltern, die auch hier tatkräftig mithelfen und so Events wie die Ober- pfalzmeisterschaften erst möglich machen.“ Frau Gabriel hat übrigens schon lange ein Einrad zu Hause im Keller.

„Nach einer Woche erfolglosen Übens hab ich dann aber aufgegeben.“ verrät sie „Leider!“