von Benjamin Franz-
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Aufs Kreuz gelegt - Wie Willmer Ringer mit weit gereisten Gästen um- gehen. Landesliga Start der Ringer.

WKG Willmering/Cham kann sich ge- gen das Team vom TSV Berchtesga- den durchsetzten. Der 19-jährige Mar- tin Wittmann liegt am Boden, auf ihm sein Berchtesgadener Gegner. Andre- as Pfnür bringt wie Wittmann 74 kg auf die Waage, mit seinem gesamten Gewicht versucht der Oberbayer bei- de Schulterblätter des Pemflinger`s

 

Ringen

Wolfgang Heil
M. Meierhofer
         
auf die Matte zu drücken. Damit wäre ihm der Schultersieg gewiss, der KO des Ringens, der nicht mit Kopf- schmerzen einhergeht wie beim Box- en, aber genauso Kampf entschei- dend ist. Auch der Schiedsrichter ist zu Boden gegangen. Auf allen Vieren und nahe am Geschehen versucht er den Überblick zu behalten. Martin kämpft, hält dagegen, stemmt und windet sich. Das zahlreiche Publikum in der kleinen Sporthalle ist außer Rand und Band, die Mannschafts-führer in beiden Ecken brüllen auf die beiden Kontrahenten ein. Der Eine soll durchhalten, der Andere noch mehr Druck aufbauen. Die „gefähr- liche Situation“ für Martin Wittmann hält Sekunde an. Sekunden in denen die Kräfte rasend schnell schwinden, die Muskulatur übersäuert und das Leiden der beiden am Boden Kämpf- enden, sich überdeutlich in den Ge- sichtszügen offenbart. Ein Gong- schlag, der in der hitzigen Geräusch- kulisse der provisorischen Kampf- sportarena fast untergeht, löst die Spannung der Athleten, Trainer und Zuschauer. Die Runde ist aus, Witt- mann hat durchgehalten, lies sich nicht „Schultern“, trotzdem kann der Berchtesgadener punkten und auch die zweite Runde für sich entschei- den.

Nur eine halbe Minute Pause wird den Ringern zwischen den Runden zugestanden. In den beiden Ecken wird es daher hektisch. Während sich die Sportler erschöpft setzten, ver- suchen Trainer in der kürze der Zeit, die Athleten wieder mental auf zu bauen. Karl Heinz Plötz, Masseur im Lager der Willmeringer kniet vor Witt- mann,der seinen Arm über die Schul- ter des Physiotherapeuten gelegt hat. Plötz, lockert die übersäuerten Ober- arme, zeitgleich versucht Trainer und Mannschaftsführer Michael Meierho- fer eindringlich, mit taktischen und technischen Anweisungen die Er- folgsaussichten seines Schützlings zu erhöhen, während er dem er- schöpften Ringer mit einem Handtuch kühlende Luft ins Gesicht wedelt. Nach dreißig Sekunden werden die Ringer wieder auf die Matte bestellt.

 
Wittmann kann Runde drei für sich entscheiden. Hoffnung kommt auf, in der mit 120 Zuschauern voll besetz- ten Waffenbrunner Schulsporthalle, aber Runde vier geht wieder an den Gast aus Berchtesgaden, der damit endgültig die Begegnung für sich ent- scheiden kann und wichtige Punkte fürs Mannschaftskonto erobert. Zehn Athleten je Mannschaft stehen sich so gegenüber bei der ersten Landes- liga Süd Begegnung in der Ausweich- halle Waffenbrunn. Streng und aufs Gramm sortiert in sieben Leistungs- klassen, vom 55kg Leicht-, bis zum 96kg Schwergewicht. Ist ein Ringer seinem Gegner zu überlegen, ist ein Kampf schnell vorbei. Marek Juzwik und Marek Petelczyc beide aus Po- len und seit Jahren für WKG Willmer-ing/Cham am Start, machen kurzen Prozess. Kaum ist der Gongschlag verklungen liegen die Gegner auch schon auf dem Kreuz. Ebenfalls tech- nische Überlegenheit demonstrierte, mit einem spektakulärem -Suplex- (Überwurf), der Willmeringer Anton Wollinger. Er bekommt seinen Geg- ner von hinten zu fassen, reißt ihn hoch, über den eigenen Körper und wirft ihn auf die Matte. Ein unglaub- licher Kraftakt, sein Gegner wiegt im- merhin 83kg.

Neben dem überschwänglichen Ap- plaus des Publikums sind ihm damit auch weiterer Mannschaftspunkte sicher. Wollinger und seine Ringer-Kollegen verkörpern ein athletisches Ideal. Breite Schultern, muskulöse Arme, definierter Rumpf. Die Sportler aufeinander losgehen zu sehen erin- nert zwangsläufig an die einstigen Gladiatoren. Und schon wie im röm- ischen Kolosseum leidet oder siegt das Publikum mit.Mann gegen Mann, Chancengleichheit, Fairness, Sports- geist, der Bessere soll gewinnen, sind Ringervorsätze die Abseits der Sportstätten, in Zeiten der Globali- sierung, immer mehr an Bedeutung verlieren. All das bekommen die Zu- schauer hier geboten. Auch der ver- bissene Kampf wird hier zelebriert. Bis zur völligen Erschöpfung gingen im letzten und längsten Duell des Abends der Willmeringer Andreas

 
Kolbeck und sein Gegner Benedikt Graßl aus Berchtesgaden. Nachdem beide Ringer je zwei von vier Runden für sich entschieden haben, musste ein fünfter Durchgang die Entschei- dung bringen. Wie Kolbeck später zugibt, fehlte ihm in den letzten Wo- chen das nötige Training. Im letzten Jahr konnte er zwei Siege gegen Graßl verbuchen, der Trainingsrück- stand machte dem Willmeringer aber Sorgen. Sorgen, die wie es scheint doch unberechtigt waren. Runde Fünf geht wieder souverän an Andreas Kol- beck, der nach dem letzten Gong- schlag erschöpft auf der Matte liegen bleibt. Vier weitere Punkte gehen auf das Mannschaftskonto. WKG Will- mering/ Cham gewinnt den Saison- start mit 25-16 Punkten. „Es war überraschend, dass wir uns so klar durchsetzten konnten.“ sagt Mann- schaftsführer Michael Meierhofer, der seinen Kampf in der Schwergewichts- klasse klar durch technische Über- legenheit gewinnen konnte. „Immerhin hat der TSV Berchtesgaden vor ei- nigen Jahren noch in der 2. Bundes- liga mitgemischt.“ fügt der angehende Realschullehrer noch an.

Kommenden Samstag müssen die starken Willmeringer bis nach Aich- ach fahren, um sich erneut zu bewei- sen. Gelegenheit den Heimkampf ge- gen den ESV München-Ost als Zu- schauer in der Chamer Mehrzweck- halle mitzuerleben gibt es dann wie- der am 19. September.