von Benjamin Franz-
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Glückliches Händchen am Korb

Was für ein fulminanter Auftakt. Wun- derbare Kombinationen, fast jeder An- griff endet mit erfolgreichen Korbwür- fen und der Gegner kommt kaum ins Spiel. Das Basketball-Jugend-Team aus Cham geht im Bezirksligaduell gegen Sulzbach-Rosenberg mit 14 Punkten Vorsprung in die Halbzeit- pause. Aber statt Schulterklopfen und Lob gibt es Anpfiff vom Coach. In den vergangenen Minuten, hatte sich das Spiel gedreht. „Die holen sich jetzt jeden Rebound, dass kann´s doch nicht sein, Jungs. Also ich möchte das Spiel gewinnen und wenn wir so weitermachen wird das verdammt schwer.“ Das einzige Mädel unter den

 
ist es, was den Sulzbach Rosenber- gern immer besser gelingt. Auch die deutliche Ansprache in der Chamer Kabine kann diesen Trend nicht um- biegen. Die Gegner sind erfahrener, körperlich überlegen und das spielen sie jetzt aus. Der glückliche Vor- sprung aus dem 1. Viertel schmilzt dahin. Wer selber keine Punkte mehr macht und die Anderen unter dem Korb nicht mehr bedrängen kann, hat schlechte Karten. Rollt ein Angriff der Sulzbacher, reisst auch die Chamer Trainerin an der Seitenauslinie die Arme hoch und brüllt: „Defence…de- fence!“ als könnte sie damit auch physisch den Vorstoß des Gegners abwehren. Der Ball fliegt zum Korb, trifft zum Glück der Chamer aber nur den Metallring und springt im hohen Bogen zurück in die „Zone“. Und dann
 
Uni in Passau beschäftigt. Doch im Gegensatz zu Anwander, der eben- falls aus Bamberg stammt, Basket- ball spielt und neben der neuen be- ruflichen Heimat im Bayerischen Wald auch sportlich wieder Anbin- dung im ASV Herren-Team fand, ist das für Wiese mangels einer Frauen-Mannschaft ungleich schwieriger. In der Nachwuchsarbeit war Anna Wie- se schon beim TTL Bamberg enga- giert. Auch wenn sie nur zu gerne wieder spielen würde, der Trainer-Job in Cham bringt berufliche Pädagogik und sportliche Leidenschaft wieder zusammen. Die ASV Jungs lassen die Köpfe hängen. Wenn sich nichts Grundlegendes am Spiel ändert wird die Verlängerung mit der Niederlage enden. „Die Hektik muss aus dem Spiel!“ , fordert die Trainerin zum x
Anna Wiese
jungen Männern in der Umkleideka- bine redet sich Rage. Sie nimmt ihr Klemmbrett zur Hand und skizziert mit grünem Filzschreiber taktische Anweisungen auf eine Spielfeldgrafik. Kein Widerspruch, kein „Aber…“, die schwitzenden Recken wissen, dass die Analyse der groß gewachsenen Blondine genau ins Schwarze trifft. Seit September trainiert Anna Wiese die ASV-Burschen. Noch vor zwei Jahren stand sie selber äußerst er- folgreich als aktive Spielerin auf dem Basketball-Court. Nicht für Cham, da gibt es noch kein Damen-Team. Ein leichter Akzent verrät, dass die neue Trainerin oberfränkische Wurzeln hat. Anna Wiese stammt aus Basketball-Hochburg Bamberg. „Meine Eltern und meine vier Geschwister spielen auch, da lag das für mich nahe."I, konstatiert die 26jährige. Schon als Vorschulkind tippte sie mit Bällen und übte sich im Korbwurf. Das Ta- lent wird beim TTLBamberg gefördert und erlebt erste sportliche Höhe- punkte mit Jugendmannschaften bei nordbayrischen Meisterschaften. Später schafft sie es mit dem Da- men-Team in die Oberliga, 2005 und 2006 spielte Anna Wiese sogar in der Regionalliga und wird in die Bayern- auswahl berufen. Sollte sie auch, ob der stattlichen 185cm, das eine oder andere Mal mit ihrem Körpermaß gehadert haben, war ihr mit dieser Statur die Position des „Centers“ im Teamförmlich auf den Leib geschrie- ben. Unter dem Korb machte Anna Wiese das Spiel. Das war ihre Revier. Die Angriffe des Gegners blocken, Korbwürfe verhindern und Abpraller (Rebounds) erobern. Und genau das
 
bekommt ihn wie schon so oft der Sulzbacher „Center“ zu fassen und vollstreckt diesmal erfolgreich. Es mag Trainer geben, die nehmen eine drohende Niederlage gelassen hin und verziehen keine Mine. Nicht so Anna Wiese. Sie tigert die Seite- auslinie auf und ab und gestikuliert wild mit den Händen und fordert schließlich eine Auszeit. Fünfmal pro Spiel kann der Trainer eine Bege- gnung kurz unterbrechen. Das ASV- Team sammelt sich um die Trainerin. 60 Sekunden hat sie jetzt Zeit ihre Truppe wieder einzuschwören und eine neue taktische Marschroute festzulegen. Die Gegner stecken natürlich ihrerseits auch die Köpfe zusammen, bei dem knappen Punk- testand und den noch verbleibenden Spielsekunden ist aus der Partie längst eine aufgedrehte Nervenprobe geworden. Die Auszeit endet mit dem immergleichen Motivations-Ritual. Die Spieler strecken sich die Wurfhände entgegen aus dem konspirativen Kreis wird für einen Moment ein ver- schworener Stern. Der Schlachtruf „We fight!“ soll die letzten Reserven mobilisieren und dann ticken die letz- ten Sekunden der regulären Spiel- zeit. Der Ausgleich fällt, doch dann können die ASV-Jungs wieder punk- ten. Als die Schluss-Sirene ertönt kann sich keiner im Chamer Lager so richtig freuen. 64:64 Unentschieden, es gibt Verlängerung. 2008 war für Anna Wiese Schluß mit der aktiven Basketball-Karriere. Nach dem Stu- dium findet die Grundschullehrerin eine Referendariatsstelle, zieht zum Lebensgefährten Sebastian Anwander nach Viechtach und ist derzeit an der
 
ten Mal. Und siehe da, die Chamer Fehlerquote sinkt. Minutenlang zeich- net sich eine Patt-Situation ab. Ge- punktet wird auf beiden Seiten. Die erfahrenen Sulzbacher beginnen zu taktieren. Wollen den Ball halten, dann kurz vor Schluss den entschei- denden Punkt machen. Das misslingt und während die Zuschauer bereits laut die noch verbleibenden Sekunden abzählen, gelingt den Chamer`n der entscheidende Wurf. Das Spiel ist aus. 73:71. Jetzt darf Anna Wiese aufs Basketballfeld. Sie klatscht ihre Spieler ab und der Trainerkollege gra- tuliert ihr. Ein glückliches Händchen hat die bis zuletzt spannende Partie entschieden. Jetzt könnte sich ent- spannt zurücklehnen um das ansteh- ende Duell der Herren in Ruhe zu be- obachten. Aber wer glaubt schon, dass der Blonde „Center“ beim Bas- ketball entspannt bleiben kann.