von Benjamin Franz-
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Tränchen und blutige Nasen

15 000 Zuschauer in Hamburg erle- ben in der Nacht zum Sonntag wie Vitali Klitschko in Hamburg seinen Weltmeistertitel verteidigt und 15 Mil- lionen fiebern vor den Fernsehgeräten mit. Nur wenige Stunden vor diesem WM-Kampf, fand in der „Braun Arena“ ein nicht weniger mitreißendes Box- spektakel statt. 30 Faustkämpfer aus Ostbayern und der Tschechei sind nach Weiding gereist, um sich einem Kontrahenten zu stellen. Für einige

 
Anna Steinsdorfer
H. Mühlbauer
   
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war es der erste Schlagabtausch vor Publikum. Der Boxring im Zentrum der Veranstaltungshalle machte Ein- druck. Das Podium, in Augenhöhe des Publikums, ist mit den typischen Seilen eingefasst. Dem Gegner aus dem Weg gehen ist also auf Dauer nicht möglich. Mann gegen Mann, der direkte Vergleich. Ein Unentschieden kann passieren, aber in der Regel wird es einen Sieger und einen Ver- lierer geben. Geboxt wurde drei mal zwei Minuten. Eine kurze Zeitspanne also, in der es gelingen muss die Maximalleistung abzurufen. Deshalb brachten sich viele vor dem eigent- lichen Auftritt mit, Schattenboxen, Seilspringen und leichtem Sparring
 
   
auf Touren. Der Weidinger Coach und Organisator des Box-Turniers Herbert Mühlbauer, hatte vier hoffnungsvolle Eisen im Feuer. Michael Schinabeck aus Reisach boxt erst seit Dezember 2009. Zwei bisherige Kämpfe konnte der 18jährige klar für sich entschei- den. Am Samstag musste er in der Braun Arena mit Matthias Meier vom BC Straubing, Mittelgewicht (bis 75 kg), in den Ring.

Bevor die erste Runde eingeläutet wurde, kontrollierte der Schiedsrichter die Schutzausrüstung. Kopf - und Mundschutz ist Pflicht, Schmuck muss vorher abgelegt werden. Nach dem obligatorischen Handschlag in der Ringmitte wurden die zwei Boxer vom Unparteiischen belehrt und um einen fairen Kampf gebeten. Beide wirkten sehr konzentriert, tänzelten in den Ringecken bis die erste Runde angeschlagen wurde. Wie stark ein Gegner ist stellt sich gleich nach den ersten Attacken heraus. Schinabeck testete mit der Führhand vorsichtig aus, wurde dann mutiger und hat schließlich kein Problem zu punkten. Der Straubinger wurde immer defen- siver und ließ sich schließlich vom Weidinger Boxtalent in die Ringecke drängen. Dann war plötzlich der Kampf auch schon wieder zu Ende. Aus der Straubinger Ecke flog ein Handtuch in den Ring. Der Betreuer brach den Kampf damit ab.Matthias


 
Schinabeck war zu überlegen. Trotz- dem rang auch er nach Atem. Die extreme Anspannung, der eine oder andere schmerzhafte Gegentreffer und das finale Fauststakkato waren offenbar ungemein erschöpfend. Für Johannes und Franz Schlögl, sowie Jonas Heigl aus dem Weidinger Box- stall endeten die Kämpf vor heimisch- em Publikum leider mit Niederlagen. „Vorbereitet waren alle sehr gut.“, er- klärt Herbert Mühlbauer.„An der men- talen Verfassung werden wir aber in Zukunft arbeiten müssen.“ Angezählt wurde in der Braun Arena gelegent- lich auch ein Sportler. Bemerkt der Ringrichter einen Wirkungstreffer, wird sofort unterbrochen. Nimmt der Boxer nach der kurzen Verschnauf- pause die Fäuste wieder hoch geht´s wieder weiter.

Einen KO -Schlag bekamen die etwa 150 Zuschauer, unter ihnen auch der Bundestagsabgeordnete Karl Holmei- er, glücklicherweise nicht zu sehen. Dafür standen sich im Ring 2 bildhüb- sche Mädel gegenüber. Anna Steins- dorfer vom BC Boxfit Regensburg und Lorena Schmid BC Regensburg. Bei- de erst 13 Jahre jung, kämpfen im Papiergewicht und sind schon reich- lich mit Siegeswillen und Motivation gesegnet. „Fliegen wie ein Schmet- terling, stechen wie eine Biene“ , hat Muhammad Ali seinen Kampfstil mal beschrieben. Nichts könnte das Duell

 
der jungen Damen besser umschrei- ben.Tragik und Faszination des Box- sports wurden aber auch überdeutlich sichtbar. Während Lorena unter Trä- nen wegen Unterlegenheit aufgeben musste, kann auch Anna, die Tränen der Freude über ihren unerwartet kla- rer Sieg nicht mehr zurückhalten. Auch so manche Nase wurde feucht. Nicht aus Rührung, sondern weil Blut nach Treffern tropfte. Zwar wird dann sofort unterbrochen um die Blutung zu stillen, aber der Kampf kann auf Wunsch des betroffenen Sportlers und mit Einverständnis des Ringarz- tes weitergeführt werden. Der tapfere Andreas Vascenko BC Landau hatte sich schon sehr früh eine blutige Na- se geholt und trotzdem die Begeg- nung im Leichtgewicht nach Punkten gewonnen.

Ein Talent mit Nehmerqualitäten. Ein- stecken konnte dann auch der Vitali Klitschko Herausforderer in Hamburg. Erst eine Tracht Prügel und dann eine 700 000 Euro Börse als Trostpflaster. Anerkennung, viel Applaus und eine gratis Brotzeit haben sich die Faust- kämpfer in Weiding verdient und dann gemeinsam den Boxring in der Braun Arena wieder abgebaut.