Lichtbild mit Bauchgefühl
Stephanie
Sabatier und Chris Bierl im Cordonhaus. Kunstpädagogin
Ulrike Walter führte durch die Ausstellung.
Seit
Urlaubsschnappschüsse digital entstehen und auf Bildschirmen
ser- viert werden, verstaubt der gemeine Diaprojektor in dunklen
Kellerecken. Auch in der Ecke, aber jetzt zur ex- ponierten
Installation erhoben hat Chris Bierl seine altertümliche
Licht- kanone auf dem Fliesenboden im Cordonhaus abgestellt.
Ohne Lein- wand feuert der Projektor den Licht- kegel exakt
in die Raumecke. Hier zeigt Bierl dem Besucher aber nur ein
einziges Dia. Auf das Zelluloid hat er in Regenbogenfarben
ein Viereck ge- malt, daß aber dann auf der unge- wöhnlichen
Projektionsfläche zum Siebeneck mutiert. Nichts ist so
wie es scheint. Dieser Formwechsel, eine optische Eigenheit
der Projektion, lässt sich vielleicht als eine philoso-
phische Erkenntnis deuten.
Bierl,
der aus Schlamering stammt, in Berlin wohnt und derzeit die
Hoch- schule für Grafik und Buchkunst in Leipzig besucht,
spürt mit seinen „Experimenten“ dem Prinzip
Ursache und Wirkung nach. Wenn Metallrei- fen, die er in eine
weitere Ecke des Ausstellungsraums drapiert, herzför-
mige Schatten auf das gekalkte Mau- erwerk zeichnen, hat sein
naturwis-
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senschaftliches
Anliegen aber auch poetische Momente. In
der Poesie lässt sich vielleicht
auch eine Brücke zur Fotografin Stephanie Sabatier konstruieren,
mit deren Arbeiten sich der Schlameringer die Ausstellungs-
räume teilt. Die Regensburger Licht- bildnerin zeigt
gleich im Foyer eines von vier großformatigen Bildern
aus der Reihe „Das indirekte Portrait“.
Der
dargestellte Junge, offenbar völlig gebannt von einem
Ereignis, dass dem Betrachter verborgen bleibt, be- merkt
offenbar nicht, dass er zum Hauptmotiv wird. Der flüchtige
Augen- blick den Stephanie Sabatier hier konserviert hat,
versprüht eine unge- heuer dichte Atmosphäre, die
sofort eigene Kindheitserlebnisse wieder präsent werden
lässt. Handfesten
Kriterien, die dem Bild diese Wirkung bescheinigen, wird man
aber verge- bens suchen. Photographie die man so wenig erklären
kann wie das ver- liebt sein.
„Kein
Wort und das ganz leise“ nennt Sabatier sechs Landschaftsaufnah-
men, in dichter Reihe gehängt. Die Formate, nicht viel
größer als ein Ta- schenbuch, nötigen den
Betrachter an die Einzelbilder heranzutreten. Erst dann nimmt
man das diffuse Licht war, vermag die Stimmung aus- zukosten.
Die Arbeiten leben vom Bauchgefühl, dass sich einstellt
wenn man sich auf die Bilder einlässt. Und
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während
diese Projektionsflächen für unterbewusste Innenwelten
den Einen berühren und in Entzückung verset- zen,
wird es sicher aber auch andere Betrachter geben, denen diese
Art der Photographie verschlossen bleibt.
Ein
weiser, apfelgroßer Styroporball, den Chris Bierl
mittels Luftstrom frei schweben lässt, untergräbt
die an- dächtige Stille, die Sabatier in den Titeln
der Arbeiten einfordert. Das Gebläse bleibt zwar geschickt
in ei- ner Säule verborgen und die Instal-lation ist
ein magischer Anziehungs- punkt, vor allem beim jungen Publi-
kum, doch die Geräuschkulisse ist ein Wermutstropfen
der sonst gelun- genen Ausstellung.
Die
Arbeiten sind noch bis 17. Okto- ber In der Städtischen
Galerie zu be- sichtigen.
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