von Benjamin Franz-
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Sommermärchen auf der roten Couch

Am Bernhard Wicki Wäldchen eröff- net die „Spätlese am Fluss“ das Ver- anstaltungsprogramm „Sommer am Regenbogen“. Musikalische Lesung mit Mundartdichter Alois Gillitzer und dem Trio Fletz Musik.

Eine knallrote Couch, eigentlich In- ventar der Stadtbücherei, steht in der grünen Kulisse des Bernhard Wicki

 
Karin Bucher
Fletz Musik
Alois Gillitzer
     
Wäldchens. Alois Gillitzer, Mundart- dichter, hat sich darauf niedergelas- sen, er liest aus den gesammelten Sagen, Mythen und Sitten des Am- berger Volkskundlers Franz Xaver Schönwerth. Zusammen mit dem Trio Fletz Musik teilt er sich dabei eine kleine Holz-Bühne, die anlässlich der „Spätlese“ und Dank des herrlichen Wetters zwischen schattigen Bäu- men, aufgebaut ist. Zwei Buden hal- ten Getränke und Speisen bereit. Die sorgfältig aufgereihte Bestuhlung ist vollständig besetzt, nur auf den Stein- objekten finden späte Gäste des Le- seabends noch Platz. „Wer zuerst das Brautbett besteigt, gewinnt die Herrschaft in der Ehe.“ ,Alois Gillitzer
 
     
vermag mit den rezitierten Überliefer- ungen amüsiertes Schmunzeln auf die Gesichter der Hörerschaft zau- bern. Seine sonore Stimme ist ange- nehm, wie die wohltuende Abendson- ne, die manche Gäste der „Spätlese“ mit geschlossenen Augen genießen. „Welches von den Brautleuten nach der Trauung zuerst niest, stirbt zu- erst.“, fährt der Mundartdichter aus Niedermurach fort. Trotz der dras- tischen Prophezeiungen ist das Pu- blikum, ob des haarsträubenden Ab- erglaubens, der einst die Oberpfalz prägte, amüsiert. Er erzählt vom Hex- en, vom Bilmesschneider und Truden, sowie den schmerzlichen Wendung- en, wenn „normale Leut“ mit diesen mysteriösen Figuren Umgang pfleg- ten. Zusammen mit sphärischen Har- fenklängen, eindringlichem Hackbrett- spiel, Kontrabass, Drehleier und Flö- tentönen, die das gesprochene Wort untermalen, ist die abendliche Les- ung eine märchenhafte Labsaal fürs Gehör. Leider hat man den Ohren-
 
schmaus am Bernhard Wicki Wäld- chen immer wieder sabotiert. WM-Fans, Vuvuzela-Bläser und Auto- Fanfaren , die Fahnen schwenkend über die Florian Geyer Brücke, aus oder in die Kreisstadt rollten, sorgten immer wieder für Misstöne. Nach den freudigen Ereignissen, die sich da unmittelbar vor der Kulturveranstalt- ung zutrugen, hatten Künstler und Publikum aber unerschütterliches Verständnis. Das Veranstaltungspro- gramm „Sommer am Regenbogen“ kann mit seinem Auftakt, trotzt Fuß- ball-Hysterie, etwa achtzig Kultur- freunde locken. Die Stadt Cham und der Kulturverein Bayrischer Wald ha- ben geladen und Petra Jakobi, sowie Dr. Bärbel Kleindorfer-Marx sind mit der Resonanz zufrieden. „Franz Xaver Schönwerth, is wert, das er in der Oberpfalz kennt wird!“, reimt Alois Gillitzer noch abschließend über den bekannten Volkskundler. Was der Amberger einst zu Papier brachte, fesselt die Menschen auch heute
 
noch, auch oder gerade wenn vieles nur der Märchenwelt entspringt. Das „Sommermärchen“ auf der knallig ro- ten Couch geht mit musikalischen Zugaben und reichlich Applaus für die drei Fletz Musiker und Alois Gillitzer zu Ende. Fangesang und Vuvuzela Konzert wäre für den erfolgreichen Start des Chamer Kulturprogramms auch reichlich unpassend.