"Wir
sind ganz Auge“ KUNSTbeTRIEB bei Horst Janssen
Ausstellung in Regensburg
Schüler
und Freunde der Chamer Kunstschule besuchten die aktuelle
Horst Janssen Ausstellung in der städtischen Galerie
Regensburg. In- spiriert von Zeichnungen und Grafiken des
1995 verstorbenen Hamburger Ausnahmekünstlers, griffen
die Be- sucher aus Cham selber zu Papier und Bleistift.
Davon
träumt jeder Künstler, wenn es eigenen Werke an
die ehrwürdigen Wände einer gut besuchten Galerie
geschafft
haben. Horst Janssen galt schon zu Lebzeiten
als herausragen- der Zeichner, seine Bilder wurden und werden
in den Weltmetropolen aus- gestellt, die Biennale Venedig
würdig- te 1968 seine grafischen Arbeiten. Ob die Chamer
Kunstschüler eine ähn- lich ruhmreiche Biografie
zu erwarten haben, steht in den Sternen. Auch landet nicht
jeder der seine Feizeit auf dem Bolzplatz verbringt, letztlich
beim FC Bayern. Von Vorbildern ler- nen, von Perspektiven
träumen, lässt sich nicht nur vor der Glotze oder
im Stadion, sondern eben auch in Galer- ien und Museen.
Portioniert
in mehreren Privatautos erreichten 18 Chamer Kunstfans die
städtische Galerie Regensburg. Zwar können Schüler
auf einige Bildbände über Horst Janssen in der Bibliothek
des Chamer KUNSTbeTRIEBS zu- rückgreifen, doch Betriebsleiter
Andi Dünne hat vorsorglich eine umfassen- de Führung
durch die Janssen Aus- stellung organisiert. „Horst
Janssen war zu Lebzeiten umstritten, heute zählt er zweifelos
zu den bedeutens- ten, deutschen Künstlern der Nach-
kriegzeit.“ sagte Johannes Mihalyi, Kunsterzieher und
Cultheca Mitarbei-
ter, während er die Chamer Gruppe durch den „Leeren
Beutel“ führt. Aus den rund 20.000 hinterlassenen
Bil- dern, finden sich hier 120 ausgewähl- te Arbeiten,
sortiert nach Frauen, Blu- men, Landschaften, Stillleben,
Tiere, Porträts, Selbstbildnisse und Eros. Dabei ist
kein Motiv zu banal, Jans- sens obsessive Herangehensweise
erhebt das Gewöhnliche zum Einmal- igen. „Wären
meine Zeichnungen auch nur halb so gut wie seine, hätte
ich kein Komiker werden müssen.“, wird Otto Waalkes
zitiert, der mit Janssen als Nachbar auch in Ham- burg-Blankenese
wohnte.
Ein
„Millionenstrichler“ nannte sich Janssen abschätzig
selbst. Mit nicht zählbaren Einzelstrichen gibt er
sei- nen Motiven Volumen. Hochprozent- ige Volumen sind
ihm auch vertraut. Ein Schluckspecht sei er gewesen. „Manchmal
schwankte er, manchmal schwankte ich, manchmal wir beide.“,
gibt sein einstiger Nachtbar Waalkes zu verstehen. Während
Horst Jans- sen von einer Liebesbeziehung in die Nächste
stürzte, wusste der beken- nende Alkoholiker in Selbstportraits
wie „Absinth“ die Konstante seines Lebens, eindrucksvoll
auf Papier zu
bringen.
Papierbögen wurden mit spitzen Bleistiften dann am Ende
der Ausstellungsführung an die Chamer Kunstschüler
verteilt. „Last euch von Bildern inspirieren.“,
empfahl Johan- nes Mihalyi, der die blanken Blättern
schon mal vorab mit Kaffee bekleck- erte und ihnen so die
Jungfräulichkeit nahm. Ist schon was drauf, nimmt das
die Scheu vor ersten Strich. Mit Klemmbrettern schwärmte
der Küns- tlernachwuchs aus und ließ beherzt die
Graphitmine übers Papier tanzen. Johannes Steubl (20)
Schüler im Mappenkurs des KUNSTbeTRIEBS versucht sich
am Selbstportrait.
Ohne
Spiegel und vor allem ohne Ab- sinth gelang ihm das auf sehr
beein-druckende Weise. Er will an die Kunstakademie in Nürnberg.
„Was sie nur heutzutage alle mit der Kunst haben?“,
würde Horst Janssen sagen.