von Benjamin Franz-
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 "Wir sind ganz Auge“ KUNSTbeTRIEB bei Horst Janssen Ausstellung in Regensburg

Schüler und Freunde der Chamer Kunstschule besuchten die aktuelle Horst Janssen Ausstellung in der städtischen Galerie Regensburg. In- spiriert von Zeichnungen und Grafiken des 1995 verstorbenen Hamburger Ausnahmekünstlers, griffen die Be- sucher aus Cham selber zu Papier und Bleistift.

Davon träumt jeder Künstler, wenn es eigenen Werke an die ehrwürdigen Wände einer gut besuchten Galerie

 
         
geschafft haben. Horst Janssen galt schon zu Lebzeiten als herausragen- der Zeichner, seine Bilder wurden und werden in den Weltmetropolen aus- gestellt, die Biennale Venedig würdig- te 1968 seine grafischen Arbeiten. Ob die Chamer Kunstschüler eine ähn- lich ruhmreiche Biografie zu erwarten haben, steht in den Sternen. Auch landet nicht jeder der seine Feizeit auf dem Bolzplatz verbringt, letztlich beim FC Bayern. Von Vorbildern ler- nen, von Perspektiven träumen, lässt sich nicht nur vor der Glotze oder im Stadion, sondern eben auch in Galer- ien und Museen.

Portioniert in mehreren Privatautos erreichten 18 Chamer Kunstfans die städtische Galerie Regensburg. Zwar können Schüler auf einige Bildbände über Horst Janssen in der Bibliothek des Chamer KUNSTbeTRIEBS zu- rückgreifen, doch Betriebsleiter Andi Dünne hat vorsorglich eine umfassen- de Führung durch die Janssen Aus- stellung organisiert. „Horst Janssen war zu Lebzeiten umstritten, heute zählt er zweifelos zu den bedeutens- ten, deutschen Künstlern der Nach- kriegzeit.“ sagte Johannes Mihalyi, Kunsterzieher und Cultheca Mitarbei-

 
ter, während er die Chamer Gruppe durch den „Leeren Beutel“ führt. Aus den rund 20.000 hinterlassenen Bil- dern, finden sich hier 120 ausgewähl- te Arbeiten, sortiert nach Frauen, Blu- men, Landschaften, Stillleben, Tiere, Porträts, Selbstbildnisse und Eros. Dabei ist kein Motiv zu banal, Jans- sens obsessive Herangehensweise erhebt das Gewöhnliche zum Einmal- igen. „Wären meine Zeichnungen auch nur halb so gut wie seine, hätte ich kein Komiker werden müssen.“, wird Otto Waalkes zitiert, der mit Janssen als Nachbar auch in Ham- burg-Blankenese wohnte.

Ein „Millionenstrichler“ nannte sich Janssen abschätzig selbst. Mit nicht zählbaren Einzelstrichen gibt er sei- nen Motiven Volumen. Hochprozent- ige Volumen sind ihm auch vertraut. Ein Schluckspecht sei er gewesen. „Manchmal schwankte er, manchmal schwankte ich, manchmal wir beide.“, gibt sein einstiger Nachtbar Waalkes zu verstehen. Während Horst Jans- sen von einer Liebesbeziehung in die Nächste stürzte, wusste der beken- nende Alkoholiker in Selbstportraits wie „Absinth“ die Konstante seines Lebens, eindrucksvoll auf Papier zu

 
bringen. Papierbögen wurden mit spitzen Bleistiften dann am Ende der Ausstellungsführung an die Chamer Kunstschüler verteilt. „Last euch von Bildern inspirieren.“, empfahl Johan- nes Mihalyi, der die blanken Blättern schon mal vorab mit Kaffee bekleck- erte und ihnen so die Jungfräulichkeit nahm. Ist schon was drauf, nimmt das die Scheu vor ersten Strich. Mit Klemmbrettern schwärmte der Küns- tlernachwuchs aus und ließ beherzt die Graphitmine übers Papier tanzen. Johannes Steubl (20) Schüler im Mappenkurs des KUNSTbeTRIEBS versucht sich am Selbstportrait.

Ohne Spiegel und vor allem ohne Ab- sinth gelang ihm das auf sehr beein-druckende Weise. Er will an die Kunstakademie in Nürnberg. „Was sie nur heutzutage alle mit der Kunst haben?“, würde Horst Janssen sagen.