damit stieren.“ Zahnstocher aus Gal- genholz waren um
1600 der Renner. Das Kerngeschäft der Henker und Scharfrichter,
die Kunden für alle Ewigkeit von weltlichen Gebrechen
zu erlösen, haben die wenigsten aber freiwillig in Anspruch
genommen. Die so genannten „unehrlichen Berufe“,
zu denen auch das Handwerk des Abdeckers gehörte, vermochten
mit der wundersamen Wirkung von Ge- hängtenkleidung,
Strickresten oder eben Galgenholz das eigene Image etwas aufzupolieren.
Placebo würde man heute dazu sagen, aber wer heilt hat
immer recht. Was menschliche oder tierische Anatomie betraf
dürfte diese Zunft auch ein beträchtliches Wissen
angehäuft haben, das sie zu Konkurrenten der Bader machte.
Ti- mo Bullemer zitierte eine Beschwer- de aus dem Baderstand
die beklagte, dass ein Bauer aus Obertraubenbach beim Scharfrichter
in Regensburg um Heilung ersuchte, statt sich vom orts- ansässigen
Bader kurieren zu lassen.
Welch
wohltuende Wirkung Kamille, Wermut, Königskerzen,
Tausendgul-
denkraut und allerlei weitere Gewäch- se entfalten können,
war Sache der heilkundige Hebammen und Kräuter- frauen.
In der Bevölkerung hoch an- gesehen durch ein immenses
Wis- sen, das meist mündlich von Gener- ation zu Generation
weitergegeben wurde, barg dieses aber auch die Ge- fahr als
Hexe bezichtigt zu werden. Krankheiten galten lange als böser
Fluch oder Strafe für einen liederlich- en Lebenswandel.
Ob
die zwei mit Kräutern befassten hübschen Mägde,
die kurzzeitig auf die Bühne im Lang- haussaal traten,
mit dunklen Kräften in Verbindung stehen, lässt
sich nicht mit Gewissheit sagen. Der gesamten Aufmerksamkeit
konnten sich die beiden aber sicher sein, als sie mit
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einem
Kräuterlied die Zuschauer be- zauberten. Dem Stadtarchivar
Timo Bullemer bescherte das musikalische Intermezzo von Lisa
Burkart und Ka- tharina Schiedermeier ein willkom- mene Pause.
Ein überlieferter Rat- schlag, der es gerade mal vor
170 Jahre in ein handschriftliches Rezept- buch geschafft
hat, empfiehlt bei Ma- genweh, Vergiftung und Mundfäule:
„Fange eine große Kröte, spieße sie
auf und lasse sie in der Sonne trock- nen – auf eine
Geschwulst gelegt, vergeht diese und zieht das Gift an sich.
Man gebrauche sie auch zur Zeit der Pest, wo sie im Zimmer
auf gehangen wird. Verstehe sich jeder Hauswirt damit.“
Aber nicht alles war Humbug. Vom Aderlass konnte man, wenn
auch nur bei wenigen Krank- heitsbildern, tatsächlich
Linderung erwarten. Wund-, Schmerz- und Frak- turbehandlung,
Schröpfen, wehe Zäh- ne ziehen, sowie Haar- und
Körper- pflege war das tägliche Brot des Ba- ders.
Durch
eine ärztliche Kommission er- hielten Bader die Zulassung.
Eine Ba- destube in Cham wird bereits 1312 erwähnt.
In der „Letz“ ein einstiger Stadtteil am Regen
zwischen Biertor und Cordonhaus. Männer wie Frauen
stiegen nicht nackt in die Holzzuber und eine detaillierte
Badeordnung mussten die Gäste einhalten. Trotz- dem
kamen immer wieder Gerüchte über sittenlose Auswüchse
auf, die ein schlechtes Licht auf die Bader- zunft warfen.
1634
wütet zum ersten Mal die Pest in Cham. Man zählt
3500 Opfer, deutlich mehr als Ein- wohnerzahl, was darauf
schließen lässt, dass sich viele Flüchtlinge
und Soldaten in der Stadt aufgehalten haben. Pandemie-Massenimpfungen
waren ebenso unbekannt wie das Wissen um die Ursachen. Ratschlä-
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ge wie: „Hüte Dich vor, Hunger, Er- müdung,
Früchten, Frauen und Bläh- ungen.“, zeigen
nur die Hilflosigkeit der Menschen zur damaligen Zeit auf,
die Heil in der Flucht, „Geh schnell weit weg und komm
langsam wieder zurück.“ für sich erhofften.
Am Ende seines Vortrags zitiert der Stadtarch- ivar Timo Bullemer
noch einen Cha- mer Mediziner, der feststellte, dass zur Zeit
der Pest die Bader so rar und von großer Bezahlung waren,
dass bald ein Doktor um geringeres Geld zu haben sei, als
solch liederliche Bartscherer. Das war das Stichwort für
Hans Höcherl der prompt im his- torischen Bader-Outfit
in den Lang- haussaal stürmte, um solch schänd-
liche, verleumderisches Rede per- sönlich klarzustellen.
Während er mit einer Laterne durch die Reihen zog, musste
so mancher von ihm eine er- schütternde Diagnose hinnehmen.Der
Vortrag des Stadtarchivars, mit den Schauspieleinlagen wurde
mit viel Ap- plaus bedacht.
Die
Veranstaltung im Langhaussaal ist der Auftakt zur neuen Stadtführ-
ungsreihe, die sich mit Bader, Pest und anderen Plagen befasst.
Premie- re ist am 3. Dezember. Weitere Ter- mine 21. und 28.
Januar
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