archivar
Timo Bullemer vermutet, „hat der einstige Bauherr einfach
eine Gasse zugebaut“. Obwohl die Führ- ung auf
etwa 25 Personen begrenzt war, hatten sich etwa 40 Interessierte
an der Ecke Rindermarkt- und Luck- nerstraße, gegenüber
der Chamer-Zeitung eingefunden um einen Blick auf und in Cham´s
kleinstes Haus zu werfen. „Die Geschichte, dass dieses
Gebäude ständig den Besitzer wech- selte, was auf
die strikte Heiratsver- ordnungen im 18. Jahrhundert zurück-
geht, die den Besitz eines eigenen Hauses voraussetzte, um
gegen die sich ausbreitende Kinderarmut in Cham anzugehen,
muss man vermut- lich den Sagen und Legenden zuord- nen.“
,spekuliert Timo Bullemer. „Eine gute Geschichte sei
es aber schon.“ schmunzelt der Stadtarchivar.
Bereits
verheiratet sind auch die Neu- besitzer Renate und Siegmund
Liebl, das Ehepaar öffnete beide Glasstüren und
bittet die neugierigen Teilnehmer der Führung herein.
Hat die Außen- besichtigung, ob der vielen Personen
fast ein Verkehrschaos verursacht, verschwinden nun alle in
„Cham´s kleinsten Haus“. Auch das erweist
sich schnell als Etikettenschwindel, denn über insgesamt
240 Quadratme- ter erstreckt sich der nutzbare Raum. Vom Keller
mit Deckengewölbe bis zur Panorama-Aussicht unter dem
Dach, keine Tür ist verschlossen. Das Mobiliar fehlt
aber noch gänzlich, denn hier wird auf allen Etagen mit
Hochdruck renoviert. An Weihnachten möchte das Ehepaar
Liebl im Gebäu- de ein Kaffee eröffnen und damt
das
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historische
Gebäude der Öffentlich- keit zugänglich machen.
Timo Bulle- mer bedankte sich mit einem edlen Tropfen für
die gewährten Einblicke und die Führung machte sich
auf dem Weg zum „Goldenen Löwen". Wenn
man durch die Auslagen im Kaufhaus Frei schlendert, werden
nur wenige ahnen, dass dieses Gebäude einst die zweitgrößte
Brauerei in Cham be- herbergte. Der Stadtarchivar zeigt auf
dem Marktplatz altes Bildmaterial und weißt auf Veränderungen
an den Fassaden hin. 1873 wütete ein Stadt- brand der
viele Gebäude in Mitleiden- schaft gezogen, oder vollständig
zer- stört hat. Einen Wirtshausstuhl mit Brandspuren
von der Katastrophe und dem eingekerbten Namen ihres Ur- großvaters
Xaver Zistler, holt Iris Dietl hervor.
Der
Zistler Wirt, auch als Chamer Platzl bekannt geworden und
heute wieder der „Goldene Löwe“, kann mit
einer Besonderheit aufwarten.Iris Die- tl führt die Besucher
in den 1. Stock. Eine Hauskapelle gibt es hier zu be- sichtigen.
Betritt man das Vorzim- mer, die Sakristei quasi, in der sich
der Pfarrer umgezogen hat und sonst Würste für die
Küche der Gastwirt- schaft geselcht wurden, fühlt
man sich in eine andere Epoche versetzt. Auf dem Kleiderschrank
stehen alte Waschschüsseln, kleine schwarz- weiß
Familienbilder reihen sich auf der altertümlichen Anrichte
oder hän- gen dicht gedrängt an den Ornament- Dekor
Wänden. Iris Dietl, Tochter der Besitzerin, klärt
geduldig Fragen zu
den vielen abgebildeten Familienan-
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angehörigen.
Aus
Platzmangel muss sich die Gruppe dann beim Besich- tigen der
eigentlichen Kapelle teilen. Sofort ins Auge fallen aufwendige
Stuckelenente im Kreuzgratgewölbe das den Kapellenraum
überspannt. Arbeiter, die an der Stadtpfarrkirche beschäftigt
waren, haben das Stuck- werk zum Dank für die Bewirtung
an- gelegt. Neben dem Altar findet sich hier eine mit reichlich
Schnitzwerk verzierte Kinderwiege und ein nicht weniger kunstvoll
gestalteter Holz- schlitten. Sakrale Gegenstände, Hei-
ligenfiguren, Kerzen, Trockenblumen und Engel wurden hier
sehr liebevoll drapiert. Der Blick aus dem Fenster der Kapelle
gewährt eine fantastische Aussicht auf den Chamer Marktplatz.
Auch
Iris Dietl erhält zum Dank für die interessante
Führung eine Fla- sche trockenen Sekt mit dem Siegel
der Kreisstadt. Führungen im Gebäu- de, der Hauskapelle
und dem kleinen Museum unter dem Dach, ist Teil der Stadtführung
„Bürgerhäuser wie sie keiner kennt.“
„Meine Mutter ist aber auch immer gerne bereit auf Anfrage
die Türen für private Besichtigungen zu öffnen.“
sagt Iris Dietl zum Abschied. |