von Benjamin Franz-
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Geschichte und Geschichten vom „Ehhäusl“ zum „Zistler Wirt “

„Tag des Denkmals“ Stadtarchivar Ti- mo Bullemer lässt Chamer Geschich- te und Geschichten wieder aufleben. Von Chams kleinstem Haus,dem„Eh- häusel“ bis zum Gasthaus „Golden- en Löwen“ ehemals "Zistler Wirt" Ge- rademal so passt die gläserne Dop- peltür in die Außenfassade des soge- nannten „Ehhäusl´s. Über der Pforte, ein neubarocker Erker mit Bleiver- glasung und im 2. Stock dann nur noch ein einsames Fenster. „Mehr Platz war da nicht.“und wie der Stadt-

 
Timo Bullemer
         
archivar Timo Bullemer vermutet, „hat der einstige Bauherr einfach eine Gasse zugebaut“. Obwohl die Führ- ung auf etwa 25 Personen begrenzt war, hatten sich etwa 40 Interessierte an der Ecke Rindermarkt- und Luck- nerstraße, gegenüber der Chamer-Zeitung eingefunden um einen Blick auf und in Cham´s kleinstes Haus zu werfen. „Die Geschichte, dass dieses Gebäude ständig den Besitzer wech- selte, was auf die strikte Heiratsver- ordnungen im 18. Jahrhundert zurück- geht, die den Besitz eines eigenen Hauses voraussetzte, um gegen die sich ausbreitende Kinderarmut in Cham anzugehen, muss man vermut- lich den Sagen und Legenden zuord- nen.“ ,spekuliert Timo Bullemer. „Eine gute Geschichte sei es aber schon.“ schmunzelt der Stadtarchivar.

Bereits verheiratet sind auch die Neu- besitzer Renate und Siegmund Liebl, das Ehepaar öffnete beide Glasstüren und bittet die neugierigen Teilnehmer der Führung herein. Hat die Außen- besichtigung, ob der vielen Personen fast ein Verkehrschaos verursacht, verschwinden nun alle in „Cham´s kleinsten Haus“. Auch das erweist sich schnell als Etikettenschwindel, denn über insgesamt 240 Quadratme- ter erstreckt sich der nutzbare Raum. Vom Keller mit Deckengewölbe bis zur Panorama-Aussicht unter dem Dach, keine Tür ist verschlossen. Das Mobiliar fehlt aber noch gänzlich, denn hier wird auf allen Etagen mit Hochdruck renoviert. An Weihnachten möchte das Ehepaar Liebl im Gebäu- de ein Kaffee eröffnen und damt das

 
historische Gebäude der Öffentlich- keit zugänglich machen. Timo Bulle- mer bedankte sich mit einem edlen Tropfen für die gewährten Einblicke und die Führung machte sich auf dem Weg zum „Goldenen Löwen". Wenn man durch die Auslagen im Kaufhaus Frei schlendert, werden nur wenige ahnen, dass dieses Gebäude einst die zweitgrößte Brauerei in Cham be- herbergte. Der Stadtarchivar zeigt auf dem Marktplatz altes Bildmaterial und weißt auf Veränderungen an den Fassaden hin. 1873 wütete ein Stadt- brand der viele Gebäude in Mitleiden- schaft gezogen, oder vollständig zer- stört hat. Einen Wirtshausstuhl mit Brandspuren von der Katastrophe und dem eingekerbten Namen ihres Ur- großvaters Xaver Zistler, holt Iris Dietl hervor.

Der Zistler Wirt, auch als Chamer Platzl bekannt geworden und heute wieder der „Goldene Löwe“, kann mit einer Besonderheit aufwarten.Iris Die- tl führt die Besucher in den 1. Stock. Eine Hauskapelle gibt es hier zu be- sichtigen. Betritt man das Vorzim- mer, die Sakristei quasi, in der sich der Pfarrer umgezogen hat und sonst Würste für die Küche der Gastwirt- schaft geselcht wurden, fühlt man sich in eine andere Epoche versetzt. Auf dem Kleiderschrank stehen alte Waschschüsseln, kleine schwarz- weiß Familienbilder reihen sich auf der altertümlichen Anrichte oder hän- gen dicht gedrängt an den Ornament- Dekor Wänden. Iris Dietl, Tochter der Besitzerin, klärt geduldig Fragen zu den vielen abgebildeten Familienan-

 
angehörigen. Aus Platzmangel muss sich die Gruppe dann beim Besich- tigen der eigentlichen Kapelle teilen. Sofort ins Auge fallen aufwendige Stuckelenente im Kreuzgratgewölbe das den Kapellenraum überspannt. Arbeiter, die an der Stadtpfarrkirche beschäftigt waren, haben das Stuck- werk zum Dank für die Bewirtung an- gelegt. Neben dem Altar findet sich hier eine mit reichlich Schnitzwerk verzierte Kinderwiege und ein nicht weniger kunstvoll gestalteter Holz- schlitten. Sakrale Gegenstände, Hei- ligenfiguren, Kerzen, Trockenblumen und Engel wurden hier sehr liebevoll drapiert. Der Blick aus dem Fenster der Kapelle gewährt eine fantastische Aussicht auf den Chamer Marktplatz. Auch Iris Dietl erhält zum Dank für die interessante Führung eine Fla- sche trockenen Sekt mit dem Siegel der Kreisstadt. Führungen im Gebäu- de, der Hauskapelle und dem kleinen Museum unter dem Dach, ist Teil der Stadtführung „Bürgerhäuser wie sie keiner kennt.“ „Meine Mutter ist aber auch immer gerne bereit auf Anfrage die Türen für private Besichtigungen zu öffnen.“ sagt Iris Dietl zum Abschied.