von Benjamin Franz-
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Jahwe, Allah oder Gott sei Dank

Freitagabend, innerhalb von Minuten verfinstert sich der Himmel, ein Sturm braust auf,Blitze zucken. Besorgt Bli- cke aus eilig geschlossenen Fens- tern. Nicht selten werden Wetterkap- riolen als Zeichen des Himmels ge- deutet.Strafmaßnahmen einer erzürn- ten Göttlichkeit. Wie die allerdings genannt werden möchte, ob Allah, Jahwe oder Gott, darüber wird seit vielen Jahrhunderten mitunter erbittert gestritten. Vor allem Muslime haben es in unseren Tagen nicht leicht, do- minieren doch Terrorangst,oder Meld- ungen über schreckliche Selbstmord- attentate die Schlagzeilen der Pesse.

 
         

Als das Gewitter über Cham nieder- ging, ist im Haus des islamischen Kulturvereins eine kontroverse Dis- kussion zu erwarten. Die Katholische Erwachsenenbildung mit Jugendgrup- pen aus Chamünster und Schorndorf sind der Einladung der Chamer Mus- lime gefolgt. Als Station in der Reihe „Irgendwie Anders“ -Orte die bei vielen Beklemmung und Ängste auslösen, hätte man kaum einen passendere Adresse finden können. Zwar ragt in Michelsdorf kein Minarett in den blau- weißen Bayerischen Himmel und überhaupt sieht das Gebäude von außen sehr unscheinbar aus, doch im Inneren zitiert man Suren aus dem „Koran“ Das Buch also, das die west- liche Welt in Angst und Schrecken versetzt.

Kaum saßen die Gäste, überwiegend junge Frauen aus der katholischen Landjugend, die sich ohne Schleier in die „Höhle des Löwen“ wagten, kam es zur ersten Attacke. „Kalorienbom- ben“ süße Datteln, Gebäck und Erd- beer-Sahne-Torten wurden da seitens der muslimischen Gastgeber in Stel- lung gebracht. „In Punkto Gastfreund- schaft“ so der Leiter der Katholischen Erwachsenenbildung Michael Neuber- ger, der bereits seit längerem Kontak- te zur islamischen Gemeinde pfleg- te, kann sich so manch christliche Gemeinschaft was abschneiden“. Nur Männerhände sind in der kleinen Kü- che am werkeln. Frau Kurdi, die Ge- mahlin des Vorsitzenden saß, mit Kopftuch und Söhnchen Amin auf dem Schoß, bei den Gästen. Mit die- ser Aufgabenteilung würde sich so manch betagte Papstverehrerin etwas schwer tun. Überliefert ist, dass Ai- sha, Mohameds Frau, der einzige Mensch war der dem Propheten wi- dersprechen durfte. Auch hat er das Frauenbild seiner Zeit erheblich auf-

 
gewertet. „Die besten Männer von Euch sind jene, die sich ihren Frauen und Töchtern gegenüber am besten verhalten.“,predigte er seinen Gefolgs- läuten. Aus Amberg ist eigens Imam Emrah Kilic ins Kulturhaus gekom- men, um als theologische Instanz zu fun-gieren. Als er zum Auftakt, arab- ische Koransuren auf die für west- liche Ohren so ungewöhnliche Art vor trug, wird der Begegnungsraum in Michelsdorf, zumindest akustisch, zur Mosche im Nahen Osten. Noch bevor dann ein Dialog entstand, wur- de den christlichen Besuchern ein „Islamwerbespot“ mit monumentalen Bildern und epischem Soundtrack präsentiert. Wohl nicht in der Absicht den Einen oder die Andere zu missio- nieren. Vielleicht aber, um hier in der islamischen Diaspora des Bayrischen Waldes, nicht ohne Stolz, auf große Zentren dieser Weltreligion aufmerk- sam zu machen. „Warum wird auf der Straße mein Grüßen nicht erwidert“? fragte ein Michelsdorfer und unter- stellt so manchem Zuwanderer einen sehr geringen Antrieb zur Integration. „Oder was hindert Euch daran am gesellschaftlichem Leben teilzunehm- en“? Und schließlich ging es um den Bekehrungsdrang, den man im mit dem Koran verbindet. Viele Probleme sind den oftmals massiven Sprach- barrieren geschuldet, oder lassen sich mit einer gänzlich anderen Ment- alität erklären, wurde da erwidert.

Die latente Islamisten-Paranoia die von vielen Medien gerne bedient wird, macht es den Muslimen nicht unbe- dingt leichter, offen und aufgeschlos- sen auf den westlich sozialisierten Nachbarn zu zugehen.Mit jeder Straf- tat, die wir selbstverständlich auch verurteilen, die aber als Ehrenmord medial aufgebaut, den gesamten Is- lam in Sippenhaft nimmt, wächst das

 
gegenseitige Misstrauen. Tötet ein Christ, Frau und Kinder ist es ein Fa- miliendrama. Wie sehr die Wahrneh- mung verzerrt ist, wurde den Gästen im Kulturzentrum bewusst als ein J.B.Kerner-Interview mit Dr. Jürgen Todenhöfer gezeigt wurde. Der Autor von Bestsellern wie: „Warum tötest du, Zaid?“ faste kurz zusammen, das Al Quaida weltweit für 5000 Morde verantwortlich gemacht wird, alleine der Krieg im Irak aber bereits 1,2 Mil- lionen Muslime das Leben gekostet hat. „Jeder einzelne Tote ist eine Tra- gödie“ ,unterbrach Berisha Xhevdet das betroffene Schweigen nach dem bewegenden Interview. „Man vermag nicht die Weltpolitik zu ändern aber man ist um ein Klima des gegenseit- igen Verstehens bemüht“. Und der Abend scheint dazu beigetragen zu haben, wobei viele beteuern, völlig ohne Vorurteile der Einladung zum Dialog gefolgt zu sein.

Das Abendgebet stand noch aus und die Gäste wurden eingeladen, dem beizuwohnen. Zuvor wuschen sich die Gläubigen sorgfältig und der Imam aus Amberg zog ein liturgisches Ge- wand über. Im Gebetsraum trat man dann vor die bunt verzierten Teppiche und folgt den Anweisungen des Vor- beters. Auch der erst vierjährige Amin ahmte die Erwachsenen nach, seine Mutter aber hatte sich ins Nebenzim- mer zurückgezogen, das nur den Frauen vorbehalten bleib. Das vom Sturm über Cham beim herzlichen Abschied nichts mehr zu bemerken war könnte man als göttliches Wohl- gefallen am kulturellen Dialog deuten, Jahwe, Allah oder Gott sei Dank.

Katholische Erwachsenenbildung Cham e.V.