von Benjamin Franz-
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« Exercices à la barre » die Hohe Schule des Ballett

Als Frau Molitorisz die Playtaste des alten Tonbandgerätes drückt, fühlt man sich abrupt in eine vordigitale, fast schon vergessene Epoche zu- rückversetzt. Zur Klaviermusik vom Band, die ob der unzähligen Male des Vor- und Zurückspulens etwas ge- quält daherkommt, beginnen 4 Teena- ger am Ballettbarren das Übungspro- gramm zum Aufwärmen. Bildhüb- sche, drahtige Mädel springen im Takt der Musik immer wieder auf die Fußspitzen. Eine Hand an der Holz- stange, die so typisch für Ballett ist, wie die Spitzenschuhe, die alle vier

 
         
Chamer Ballerinas tragen. Schnell sieht man erste Schweißperlen fun- keln. Als sich Ermüdungsfehler ein- schleichen versucht Frau Molitorisz, die Schüler durch ermunterndes Zu- sprechen, mental zu stützen. Was hier anmutig, grazil und federleicht wirkt, ist das Ergebnis von vielen Jah- ren disziplinierter Arbeit. Fast ein ganzes Leben lang ist Heidrun Moli- torisz dem Ballett verbunden. Als Fünfjährige besuchte sie in Hamburg den ersten Tanzunterricht. Schreiner oder Restaurator wollte sie eigentlich werden und in die Fußstapfen Ihres Vaters schlüpfen „damals schickte sich diese Ambition jedoch nicht für junge Mädchen“ erzählt sie.

Von der einstigen Ballettlehrerin für geeignet, befunden entschied sich das, Hamburger Mädchen, schließ- lich Tänzerin zu werden.Obwohl sich- er viele von einer aufregenden Karri- ere, auf den Bühnen dieser Welt träu- men führt Heidrun Molitorisz ganz nüchterne Gründe für diesen Schritt an. „Ich empfand es als Beruf wie je- den Anderen, statt Holz zu bearbei- ten, wie mein Vater, formt man eben den eigenen Körper und bleibt rank und schlank. Nach acht Semestern machte Sie den Abschluss zur Bal- letttänzerin und nebenher noch eine pädagogische Weiterbildung zur Bal- lettlehrerin. „Die Arbeit vor Publikum ist aufregend, wunderbar und schwie- rig zugleich und Lampenfieber wird

 
man nie ablegen können“ gesteht sie und erinnert sich an einen Sturz auf der Bühne, während einer schweren Sprungserie oder den überschwäng- lichen Applaus, den Sie nach der „Sinfonie in C“ mit ihrem Tanzpartner ernten durften.„Eine schöne und wich- tige Zeit“ wie Heidrun Molitorisz im- mer wieder betont. Während Sie 1973 in Regensburg am Theater beschäf- tigt war, kam dann das Angebot die Ballettschule in Cham zu überneh- men. Seither gibt die einstige Ham- burgerin ihr Wissen hier im Bayrisch- en Wald weiter. Der Beruf, der klas- sischen Balletttänzerin ist heute lei- ser schwieriger denn je.

Körpermaß und Gewicht spielen eine immer stärkere Rolle, weswegen sie zu großen Ambitionen der Schüler immer etwas kritisch gegenüber steht. Vielmehr sieht sie ihre Arbeit mit Kindern als Schule für´s Leben. Obwohl sie die jungen Tänzer sehr fordert, erscheint dies nie autoritär, wie man das aus ehemaligen Ost- block Ballettschulen kennt. Die Freu- de an der Bewegung gibt hier den Takt an. Vogl Theresa 16 und Schül- erin am der Gerhardinger-Realschule in Cham besucht den Ballettunter- richt seit 13 Jahren. „Ich tanze eben gerne und klassisches Ballett ist da ganz besonders“ sagt die Chamer Schönheit. „Wenn man junge Men- schen so lange begleitet, freut man sich natürlich über die Entwicklung,

 
die man einwenig beeinflussen kon- nte“, verrät Frau Molitorisz, nicht oh- ne Stolz. Ballett, ist eine Schule für´s Leben, den Sinn für Ästhetik schär- fen. Diese Arbeit am eigenen Körper verändert die Haltung, die Wirkung auf andere. Das kann man schon an Kindern Beobachten, die am Barren, eine Anmut und Ernsthaftigkeit an den Tag legen wie sie in unserer auf- gedrehten Gesellschaft heutzutage, äußerst selten zu finden ist. Da Bal- lett im schöngeistigen Frankreich des 17. Jahrhunderts entstanden ist erteilt Heidrun Molitorisz ihre Kommandos in „französisch“.

So wachsen Kleinkinder spielerisch in eine Fremdsprache noch ehe sie in der Schule lesen und schreiben ler- nen. Gerne würde die die Ballettlehr- erin auch Jungs unterrichten, aber die Scheu und Vorurteile scheinen hier eine unüberwindbare Barriere zu sein. Wenn die Ballerinas dann zu Tanz- Aufführungen in ihre Ballettkleider schlüpfen, ist die Verwandlung zur Prinzessin perfekt. „Das sind wunder- bare Momente die sich einprägen“ erzählen dann ehemalige Schüler, die jetzt wiederum die eigenen Kinder zum Unterricht bringen.