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Exercices à la barre » die Hohe Schule
des Ballett
Als
Frau Molitorisz die Playtaste des alten Tonbandgerätes
drückt, fühlt man sich abrupt in eine vordigitale,
fast schon vergessene Epoche zu- rückversetzt. Zur Klaviermusik
vom Band, die ob der unzähligen Male des Vor- und Zurückspulens
etwas ge- quält daherkommt, beginnen 4 Teena- ger am
Ballettbarren das Übungspro- gramm zum Aufwärmen.
Bildhüb- sche, drahtige Mädel springen im Takt der
Musik immer wieder auf die Fußspitzen. Eine Hand an
der Holz- stange, die so typisch für Ballett ist, wie
die Spitzenschuhe, die alle vier
Chamer
Ballerinas tragen. Schnell sieht man erste Schweißperlen
fun- keln. Als sich Ermüdungsfehler ein- schleichen versucht
Frau Molitorisz, die Schüler durch ermunterndes Zu- sprechen,
mental zu stützen. Was hier anmutig, grazil und federleicht
wirkt, ist das Ergebnis von vielen Jah- ren disziplinierter
Arbeit. Fast
ein ganzes Leben lang ist Heidrun Moli- torisz dem Ballett
verbunden. Als Fünfjährige besuchte sie in Hamburg
den ersten Tanzunterricht. Schreiner oder Restaurator wollte
sie eigentlich werden und in die Fußstapfen Ihres Vaters
schlüpfen „damals schickte sich diese Ambition
jedoch nicht für junge Mädchen“ erzählt
sie.
Von
der einstigen Ballettlehrerin für geeignet, befunden
entschied sich das, Hamburger Mädchen, schließ-
lich Tänzerin zu werden.Obwohl sich- er viele von einer
aufregenden Karri- ere, auf den Bühnen dieser Welt träu-
men führt Heidrun Molitorisz ganz nüchterne Gründe
für diesen Schritt an. „Ich empfand es als Beruf
wie je- den Anderen, statt Holz zu bearbei- ten, wie mein
Vater, formt man eben den eigenen Körper und bleibt rank
und schlank. Nach acht Semestern machte Sie den Abschluss
zur Bal- letttänzerin und nebenher noch eine pädagogische
Weiterbildung zur Bal- lettlehrerin. „Die Arbeit vor
Publikum ist aufregend, wunderbar und schwie- rig zugleich
und Lampenfieber wird
man nie ablegen können“ gesteht sie und
erinnert
sich an einen Sturz auf der Bühne, während einer
schweren Sprungserie oder den überschwäng- lichen
Applaus, den Sie nach der „Sinfonie in C“ mit
ihrem Tanzpartner ernten durften.„Eine schöne und
wich- tige Zeit“ wie Heidrun Molitorisz im- mer wieder
betont. Während Sie 1973 in Regensburg am Theater beschäf-
tigt war, kam dann das Angebot die Ballettschule in Cham zu
überneh- men. Seither gibt die einstige Ham- burgerin
ihr Wissen hier im Bayrisch- en Wald weiter. Der Beruf, der
klas- sischen Balletttänzerin ist heute lei- ser schwieriger
denn je.
Körpermaß
und Gewicht spielen eine immer stärkere Rolle, weswegen
sie zu großen Ambitionen der Schüler immer etwas
kritisch gegenüber steht. Vielmehr sieht sie ihre Arbeit
mit Kindern als Schule für´s Leben.
Obwohl sie die jungen Tänzer sehr fordert, erscheint
dies nie autoritär, wie man das aus ehemaligen Ost- block
Ballettschulen kennt. Die Freu- de an der Bewegung gibt hier
den Takt an. Vogl Theresa 16 und Schül- erin am der Gerhardinger-Realschule
in Cham besucht den Ballettunter- richt seit 13 Jahren. „Ich
tanze eben gerne und klassisches Ballett ist da ganz besonders“
sagt die Chamer Schönheit. „Wenn man junge Men-
schen so lange begleitet, freut man sich natürlich über
die Entwicklung,
die man
einwenig beeinflussen kon- nte“, verrät Frau Molitorisz,
nicht oh- ne Stolz. Ballett, ist eine Schule für´s
Leben, den Sinn für Ästhetik schär- fen. Diese
Arbeit am eigenen Körper verändert die Haltung,
die Wirkung auf andere. Das kann man schon an Kindern Beobachten,
die am Barren, eine Anmut und Ernsthaftigkeit an den Tag legen
wie sie in unserer auf- gedrehten Gesellschaft heutzutage,
äußerst selten zu finden ist. Da
Bal- lett im schöngeistigen Frankreich des 17. Jahrhunderts
entstanden ist erteilt Heidrun Molitorisz ihre Kommandos in
„französisch“.
So
wachsen Kleinkinder spielerisch in eine Fremdsprache noch
ehe sie in der Schule lesen und schreiben ler- nen. Gerne
würde die die Ballettlehr- erin auch Jungs unterrichten,
aber die Scheu und Vorurteile scheinen hier eine unüberwindbare
Barriere zu sein. Wenn
die Ballerinas dann zu Tanz- Aufführungen in ihre Ballettkleider
schlüpfen, ist die Verwandlung zur Prinzessin perfekt.
„Das sind wunder- bare Momente die sich einprägen“
erzählen dann ehemalige Schüler, die jetzt wiederum
die eigenen Kinder zum Unterricht bringen.